Leidenschaftstäter

Kiebitz im Flug

Text: Dr. Nina Krüger, Foto: Adobestock.com/Robert Ruidl

Liebe Leserinnen und Leser,

wer Vögel beobachtet, ist zumeist ein Leidenschaftstäter. Dabei verfolgt der Vogelbeobachter eines von zwei Zielen – entweder das eigene oder die Vermehrung des Wissens der Allgemeinheit. Hobbyornithologen stehen dabei den hauptberuflichen Experten keinesfalls nach. Beide Gruppen sind zu dieser Jahreszeit in ihrem Element. Nicht wenige verbringen jetzt jede freie Minute draußen. Auch die Stunde der Gartenvögel findet in diesem Zeitraum statt. Sie eint Wissenschaftler und Laien. In diesem Jahr fand sie bereits zum 19. Mal am zweiten Maiwochende statt. Ziel ist es, mithilfe der Bevölkerung ein möglichst genaues Bild über die Populationen der Brutvögel Deutschlands zu erlangen. Durch die bundesweite Zählung konnte beispielsweise die Türkentaube als Klimagewinner identifiziert werden. Zum wiederholten Mal nahm die Zahl der Sichtungen zu, verbucht wurde in diesem Jahr ein Plus von 15 Prozent. Auch die Nachtigall wurde im Mittel der letzten Jahre immer häufiger bestätigt. Beim Feldsperling hingegen ist die leichte Populationszunahme noch kein Anlass dazu, eine Entwarnung zum derzeitigen Abwärtstrend zu geben. Mehr dazu lesen Sie in dieser Ausgabe ab Seite 78.
Ich selbst komme gerade aus Schottland zurück. Dort bevölkern im Frühjahr und Sommer zahlreiche Studenten das nahe Dundee gelegene Estate Glenogil. Sie verbringen unzählige Stunden damit, bei Wind und Wetter hinauf in die Highlands zu fahren, Nester von Kiebitz, Brachvogel und Austernfischer zu suchen, zu kartieren und zu überwachen. Sie wollen herausfinden, warum es gerade hier, entgegen dem – laut einer kürzlich veröffentlichten Studie – europaweiten Rückgang der Vogelarten, so viel mehr Brutpaare gibt als in anderen Gebieten und warum diese auch noch sehr viel erfolgreicher brüten und ihre Jungen aufziehen. Sie leisten wertvolle Forschungsarbeit, die einerseits helfen soll, einen Überblick über die Populationen zu gewinnen und andererseits Strategien zu entwickeln, diese Arten zu schützen. Denn nur wer ausreichend Wissen über Bedürfnisse und Gefahren hat, kann die richtigen Maßnahmen ergreifen, die einen langfristigen Fortbestand sichern. Dafür tausche ich das laue Frühlingswetter in Norddeutschland gerne gegen nebelige Kälte und Nieselregen. Ein Nest voller Kiebitzküken, die mit federleichten Sendern ausgestattet wurden und auch in den folgenden Tage noch putzmunter zwischen den Binsen nach Insekten suchen, entschädigt ebenso wie die beeindruckende Birkhuhnbalz, die ich ganz nebenbei erleben durfte. Was Glenogil so besonders macht, lesen Sie ab Seite 10. Viele weitere Informationen erhalten Sie in den beiden heftbegleitenden Podcastfolgen

Ihre

Dr. Nina Krüger

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