Meilenstein im Naturschutz

Text und Fotos: Jan Goedelt/natur-linse.de

Am 17. Juni 2024 beschloss der Rat der Europäischen Union die Verordnung über die Wiederherstellung der Natur. Ziel ist es, bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresgebiete der EU und bis 2050 alle beschädigten Ökosysteme wiederherzustellen. Letztlich sollen die menschgemachten Schäden repariert und die Lebensgrundlagen bewahrt werden. Im Laufe des hart umkämpften Entscheidungsprozesses hat die Verordnung jedoch einige Abschwächungen erfahren.

Nach Angaben der EU-Kommission sind über 80 Prozent der Lebensräume in der Europäischen Union in einem schlechten Zustand – Tendenz steigend. Als Hauptverursacher gelten der Klimawandel und die konventionelle Landwirtschaft mit ihrem enormen Einsatz an Pestiziden, Düngemitteln und anderen Chemikalien. Die Wälder befinden sich ebenfalls teilweise in einem schlechten Zustand; die Ökosysteme in Ost- und Nordsee sowie dem Nordatlantik leiden an Nährstoffeinträgen und der Klimaerwärmung. Die Folge dieser Entwicklungen sind massive Rückgänge von zum Beispiel Insekten-, Vogel- und Fischpopulationen. Die verbliebenen, geschützten und noch einigermaßen intakten Gebiete stehen unter einem starken Nutzungsdruck. Ohne intakte Lebens­räume lassen sich jedoch weder das erheblich voranschreitende Artensterben noch die Folgen des Klimawandels aufhalten oder wenigstens begrenzen.
Vor diesem Hintergrund rückte die Erkenntnis immer mehr in den Vordergrund, dass es nicht länger ausreichend ist, die Natur lediglich zu bewahren, sondern dass Ökosysteme wie Flüsse, Wälder und Moore dringend großflächig renaturiert werden müssen und dass letztlich eine intakte Natur erforderlich ist, um auch uns vor der Klimakrise zu schützen. Dieses Ansinnen findet sich in der Verordnung zur Wiederherstellung der Natur (auch Renaturierungsgesetz oder Nature Restoration Law – NRL genannt) wieder, deren Hauptanliegen die Verpflichtung der EU-Mitgliedsstaaten ist, ihre Natur durch Renaturierung zurück in einen guten ökologischen Zustand zu bringen.

Knappe Entscheidung
Bereits Ende Juni 2022 wurde dieses Vorhaben von der EU-Kommission als Teil des European Green Deal vorgeschlagen; in Verhandlungen zwischen EU-Kommission, dem Rat sowie dem EU-Parlament konnte ein Kompromiss erzielt werden, dem das Parlament Ende Februar 2024 zustimmte. Kurz vor der angedachten finalen Abstimmung im Rat der EU-Umweltminister zogen jedoch mehrere Mitgliedsstaaten ihre Zustimmung zurück oder wollten sich enthalten, sodass die Abstimmung von der Tagesordnung genommen werden musste. Schließlich stimmte Österreich bei der Abstimmung am 17. Juni 2024 im EU-Umweltministerrat zu, und die Verordnung erreichte so die notwendige qualifizierte Mehrheit von 20 Ländern, die 66,07 Prozent der Bevölkerung der Europäischen Union repräsentieren.

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