Vogelzählungen und Monitoringstudien über viele Jahre sind die entscheidende Grundlage, um Vogelpopulationen und deren Entwicklungen zuverlässig einzuschätzen. Die Mithilfe der Bevölkerung ist dabei von unschätzbarem Wert.
Graugänse waren mit 2.129 gezählten Individuen die häufigste Vogelart auf den Fragebögen.
FOTO: Heinz Schmidbauer / Stock.adobe.com
von Dr. Daniel Hoffmann
Sämtliche Beurteilungen zur tatsächlichen oder potenziellen Gefährdung von Vogelpopulationen beruhen auf Langzeitbeobachtungen sowie Datenerfassungen von Ornithologen, welche weltweit überwiegend gut organisiert sind. Die Feldvogelzählung im Spätwinter, die auch in VÖGEL 1/2022 beworben wurde, ist ein Beispiel für den Versuch einer möglichst großräumigen Erfassung von Wintervögeln in der Feldflur. Nach dem Vorbild des britischen Game and Wildlife Conservation Trust (GWCT), der im Jahr 2014 begonnen hat, Feldvögel nach einem einfachen Schema durch eine möglichst große Anzahl an Freiwilligen aus naturaffinen Berufen zählen zu lassen, wurde das System nach und nach auch für den deutschsprachigen Raum in Mitteleuropa angepasst. Vor allem das Gut Hardegg in Niederösterreich ist als Vorreiter der Erfassung der Winterpopulationen von Feldvögeln in Österreich und Deutschland anzusehen. Schwerpunkt der Erfassungen liegt bei den Vögeln der Offen- und Halboffenlandschaften, wobei auch Parks, Gärten, Gewässer und Wälder als Zählkulisse willkommen sind. Dass der Fokus auf den Feldvögeln liegt, begründet sich ein Stück weit darin, dass diese im Vergleich zu den Waldvögeln in den vergangenen vier Jahrzehnten um durchschnittlich etwa 50 Prozent abgenommen haben, woraus sich eine besondere Verantwortung gegenüber diesen in Bedrängnis geratenen Spezies ableiten sollte. Hierunter fallen sehr viele Arten, die ehemals als „Allerweltsarten“ galten und mit fortschreitendem 21. Jahrhundert bis zum regionalen Verschwinden reduziert sind. Die Sensibilisierung der Landnutzer und gerade auch der Landwirte für das Thema des Vogelschutzes begründet Dr. Roger Draycott vom GWCT damit, dass „Landwirte als Hüter des größten Singvogellebensraumes eine entscheidende Rolle für das Überleben der Feldvögel im Land spielen.“
Methode für jedermann
Ein einfaches und praktikables System zur Erfassung von Feldvögeln ist Voraussetzung dafür, dass Naturnutzer und Naturliebhaber in ausreichender Stichprobengröße an einer solchen Erhebung teilnehmen können. Kartierungen nach strengen wissenschaftlichen Regeln sind zu aufwendig und sind für die Nichtfachleute weder vom Zeitaufwand noch von den professionellen Anforderungen her nicht umsetzbar. Ziel ist es, dass zum einen möglichst viele Kartierer teilnehmen und dass diese auch über mehrere Jahre an dem Programm mitarbeiten. Damit die Daten eine Vergleichbarkeit erreichen und auch über Jahre eine Grundlage für ein Monitoring sein können, sind gewisse Methodenstandards erforderlich und müssen eingehalten werden. Das System des „Big Farmland Bird Count“ erfordert die Dokumentation der Beobachtungen in einem standardisierten Erfassungsbogen. Hier werden Angaben zum Kartierer, zur Örtlichkeit sowie der einsehbaren Habitate und der Witterung abgefragt. Die Zählungen erfolgen ausschließlich innerhalb der vorgegebenen Terminen zwischen Anfang bis Mitte Februar. Im Jahr 2022 lag dieser Zeitraum zwischen dem 4. und 20. Februar.