Text und Fotos: Sebastian Conradt
Wie finden Meeresvögel nach ihren Tausende Kilometer weiten Ausflügen über die Ozeane zu „ihren“ Heimatinseln zurück, zu ihren Nistplätzen, zu ihren ganz individuellen Brutröhren im Erdboden, die sie oft nur im Schutz der Dunkelheit aufsuchen? Wie können sie sich in der Eintönigkeit und Strukturlosigkeit der Wasserwüste orientieren? Offensichtlich spielt der Geruchssinn der Vögel die entscheidende Rolle.
Lange Zeit wurde von Wissenschaftlern bezweifelt, dass Vögel überhaupt oder wenigstens einigermaßen gut riechen können, obwohl es in der Geschichte schon früh Hinweise darauf gab. So erzählt ein Gedicht aus dem Jahr 280 nach Christus bereits von der Fähigkeit der Waldschnepfe, Würmer zu erschnüffeln. Bei den Seevögeln waren es vermutlich die Walfänger des 17. und 18. Jahrhunderts, die deren Geruchssinn erkannten. In historischen Erzählungen wird berichtet, dass die Schiffe, auf denen die Seemänner die getöteten Wale zerlegten, in eine Wolke von Mallemucken eingehüllt wurden, wie in ein Schneegestöber. Umschrieben wurden die Mallemucken als feine graue Sturmvögel mit weißer Brust, vermutlich Eissturmvögel, die vom Geruch – oder vielmehr Gestank – der verwesenden Walkadaver angelockt wurden. Auffällig ist schon hier, dass mit den Sturmvögeln Arten aus der Ordnung der Röhrennasen beteiligt waren. Vielleicht hat die besondere Anatomie ihrer lang gestreckten Nasenöffnungen auf dem Oberschnabel eine Bedeutung?
Große Kolben vorne
Erste wissenschaftliche Analysen reichen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, als Zoologen die Köpfe von Eissturmvögeln und Albatrossen – auch sie gehören zu den Röhrennasen – sezierten und dabei Strukturen entdeckten, die auf einen guten Geruchssinn hindeuteten. Dieser bestätigte sich in Experimenten der University of California in den 1940er-Jahren. Von einem Schiff aus auf die Meeresoberfläche verteiltes Fett von ausgelassenem Frühstücksspeck sorgte gleich für eine ganze Ansammlung von Schwarzfußalbatrossen. Gegenproben mit anderen, vor allem nicht tierischen Duftstoffen ließen die Vögel hingegen völlig unbeeindruckt. „Ich war immer wieder fasziniert von ihrer Geruchsschärfe“, schrieb der Biologe Loye Miller, der die Versuche durchführte. Er schätzte, dass die Albatrosse aus Entfernungen von bis zu 32 Kilometern angelockt wurden. Dennoch setzte sich die Erkenntnis weiterhin nicht durch, dass Vögel Gerüche wahrnehmen können.