Artenrefugien erfolgreich schützen

Nur was einen Wert für die Menschen hat, lässt sich erfolgreich schützen. Auf Entdeckungsreise im Birding-Hotspot Kolumbien.

von Dr. Nina Krüger

Liebe Leserinnen und Leser,

Waren Sie in diesem Jahr im Urlaub? Vielleicht haben Sie bei der Wahl Ihres Reiseziels bewusst darauf geachtet, klimaschonend zu planen. Schließlich werden wir nicht nur medial dazu angehalten, Ressourcen zu schonen – auch unser Gewissen meldet sich mittlerweile schon bei längeren Autofahrten und Flugreisen.
Während der Pandemie waren die meisten Reiseaktivitäten zum Erliegen gekommen – das betraf sowohl die Campingplätze an der Ostsee, als auch alle internationalen Destinationen. Die einen jubelten und feierten die positiven Auswirkungen auf das Klima und die Natur, anderen wurde durch die Tourismuskrise die Existenzgrundlage entzogen. Bis heute hat sich die Reise­branche nicht vollständig erholt und erreicht nur etwa die Hälfte des Vorpandemie-Niveaus (laut UNWTO-World-Tourism-Barometer). Ein Drama für den internationalen Artenschutz! Warum das so ist, lässt sich einfach erklären. Vielen Projekten zum Artenschutz und Lebensraumerhalt fehlt es chronisch an Mitteln, um ihre Ziele gegen andere Interessen durchzusetzen. Dabei geht es nicht immer um die Profitgier globaler Konzerne oder lokaler Milizionäre, sondern ganz real um das Überleben der Bevölkerung vor Ort. Denn nur was einen messbaren, also monetären Wert für die Menschen hat, kann nachhaltig vor dem Verschwinden gerettet werden. Ökotourismus kann dabei das entscheidende Zünglein an der Waage sein. Er schafft einen Anreiz, Artenvielfalt als Ressource zu erhalten und zu fördern, statt sie durch Raubbau und Wilderei zu zerstören.

Blaukehl-Andenkolibri ist eine seltene Kolibriart in Südwestkolumbien
Foto: Mya Bambrick


Kolumbien ist dabei ein erstaunliches Beispiel (lesen Sie mehr in Ausgabe 06-2022…). Schon vor der Pandemie galt das Heimatland Escobars als aufsteigender Stern am südamerikanischen Himmel. Friedensprozesse, Modernisierung und eine einzigartige Natur – insbesondere Vogelwelt – lockten wahre Ströme an Touristen in das Land mit der zweithöchsten Biodiversität weltweit. Einstige Wilderer waren zu Guides und Rebellenführer zu hohen Politikern geworden. Die Pandemie hat vielen Kleinstprojekten, die sich dem Erhalt teils weniger Quadratkilometer widmen, fast den ­Garaus gemacht, und die Besucher kommen nur schleppend zurück in die Andenhochwälder oder Niederungen des Amazons. Wollen wir diese Artenrefugien und CO2-Speicherstätten erhalten, sollten wir abwägen, was den größeren Fußabdruck hinterlässt – ein internationaler Flug, oder der endgültige Verlust Jahrtausende alter Lebensräume durch Brandrodung, Viehwirtschaft und Holzgewinnung, weil sich die Bäuche und Schulranzen der Kinder vor Ort nun einmal nicht anders füllen lassen.
Abgesehen davon verpassen Sie sonst die Reise Ihres Lebens.

Mehr lesen im aktuellen Heft 06-2022…