Text und Fotos: Dr. Achim Zedler
In diesem Spätherbst und Frühwinter gab es gleich mehrere Meldungen von Mauerläufern im nördlichen Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz und aus Nordrhein-Westfalen. Solche Sichtungen weit nördlich der Alpen sind üblicherweise eher eine Ausnahme.
Es begann am 12. Dezember 2023 mit einer Entdeckung an der Burg Rheinfels bei St. Goar, wo bereits 1957 ein Mauerläufer nachgewiesen worden war. Bis zum Jahresende wurde der Vogel von dort gemeldet und konnte von vielen Beobachtern gesehen werden. Diese große Burgruine bietet außer einem ausgedehnten „Felsen“ viele verwinkelte und mit Spalten versehene Fugen, in denen Insekten überwintern. Gut restaurierte Burgen und Schlösser sind dagegen weniger für einen Aufenthalt von Mauerläufern geeignet, da die Mauern glatt sind und die Nischen fehlen, in denen sich Insekten aufhalten. Am 17. und 20. Dezember folgten Beobachtungen bei Miltenberg im äußersten Nordwesten Bayerns. Vom 18. Dezember an bis zum Jahresende hielten sich wahrscheinlich zwei Mauerläufer im Bereich Ennert-Süd bei Bonn, Rhöndorf, Bad Honnef, Oberkassel (mit einer Beobachtung 1985) und Drachenfels (hier gab es schon 1910 und 1926 Nachweise) auf. Selbst wenn diese Orte nur wenige Kilometer auseinanderliegen, so ist auch nach Meinung lokaler Beobachter durch wiederholt erfolgte zeitgleiche Meldungen davon auszugehen, dass es sich um zwei Individuen handelte. Ein fünfter Nachweis erfolgte bei Knittlingen/Kreis Pforzheim am 25. Dezember. Damit sind alle Nachweise in der Nähe von größeren Flüssen erfolgt, vier nahe oder direkt am Rhein und einer am Main. Das ist ein Hinweis, dass die Mauerläufer entlang der Flüsse nach Norden gezogen sein könnten.
Üblicherweise tiefer
Mauerläufer räumen im Winter bei Schneefall die hohen Gebirgsregionen und überwintern dann in tieferen Lagen der Alpen und in der Voralpenregion. In den Alpen halten sich die Vögel teilweise an Hauswänden in den Gebirgsdörfern auf. Regelmäßig gibt es auch Sichtungen in niedrigen Lagen zum Beispiel bei Garmisch-Partenkirchen, Berchtesgaden, im Allgäu oder in alpennahen Orten in Bayern und Baden-Württemberg, hier in Schwaben und im Schwarzwald.
Es werden Steinbrüche, Felshänge und von Menschen errichtete „Felsen“ wie Burgen und Schlösser oder Stauseemauern aufgesucht. Ein Ort, an dem Mauserläufer regelmäßig auftauchen, ist beispielsweise Schloss Neuschwanstein. Seltener kommt es auch zu Wanderungen ins weiter nördliche Flachland. So gab es schon in der Vergangenheit immer wieder Nachweise an einer Reihe von Orten weiter entfernt von den Alpen, woher die Vögel im flacheren Teil Deutschlands sehr wahrscheinlich stammen. Im Handbuch der Vögel Mitteleuropas sind 85 solcher Sichtungen (Stand 1993) der Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg erwähnt mit einer Häufung im Raum Bad Dürkheim und dem Elbsandsteingebirge (allein hier waren es 25). In allen Fällen handelte es sich um einzelne Vögel. Die Nachweise im Handbuch erfolgten aber keinesfalls nur entlang der großen Flussläufe.